PATRIA

von

Prof. Dr. Ferdinand Kirchhof
Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts

„Das Prinzip „patria“, das unsere Hercynia prägt, zu erklären und zu beschreiben, fällt nicht leicht. Während die anderen drei Prinzipien über die Jahre unveränderte, klare Konturen aufweisen, war die Bedeutung dieses Prinzips in der Geschichte oft verschwommen.

Heute ist das Prinzip „patria“ mit dem bewussten Bekenntnis zu unserer gemeinsamen Heimat zu erklären. Diese gründet nicht – monokausal – jeweils allein auf deutscher Sprache, Kultur, Geschichte oder gar Familie oder Abstammung, sondern auf der Verwurzelung im eigenen, alltäglichen Lebensraum und dem selbstbewussten Bekenntnis zu ihr mit ihren Schwächen und Stärken; deshalb bestimmen alle der zuvor genannten Elemente das Prinzip mit. Heimat ist vor allem nicht unveränderlich durch Geburt vorgegeben; man kann sie auch wählen, indem man sich als bisher „Fremder“ bewusst für eine neue, andere Heimat entscheidet. In diesem Sinne enthält das Prinzip „patria“ ein Bekenntnis zur eigenen, zur deutschen Heimat.

Für mich ist es aus der Perspektive des eigenen Berufs mit einer deutschen Geschichte verbunden, aus der man lernen kann und muss, die mittlerweile ein Staatswesen entwickelt hat, das sich an Menschenwürde, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie ausrichtet, und das sich als souveräner Staat organisiert hat, um seine eigenen Interessen und die eigene, über Jahrhunderte gewachsene Kultur zu bewahren, ohne die Idee der Integration Europas zu vernachlässigen oder gar aufzugeben.“